Impfpflicht im Arbeitsverhältnis?

Es besteht weitgehend Einigkeit, dass eine hohe Durchimpfungsrate ein wichtiger Schritt in der Bekämpfung der Corona-Krise ist. Seit ungefähr Juni 2021 sind die in Österreich zugelassenen Impfstoffe für beinahe alle Altersgruppen verfügbar.

In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage nach einer „Impfpflicht“ im Arbeitsverhältnis.

Fragen nach dem Impfstatus

Die Frage nach dem Impfstatus berührt ganz klar die Persönlichkeitsrechte von Arbeitnehmern. In der Praxis hat hier eine Interessenabwägung zwischen den Persönlichkeitsrechten der Arbeitnehmer und dem Informationsinteresse der Arbeitgeberin stattzufinden. Soweit jedoch durch den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers eine Gefahr für Leben und Gesundheit anderer Arbeitnehmer im Betrieb der Arbeitgeberin, der Arbeitgeberin selbst oder Dritter (wie zB Kunden) entstehen könnte, überwiegt das Interesse der Arbeitgeberin an der wahrheitsgemäßen Darlegung des Impfstatus des Arbeitnehmers. Mit anderen Worten: Bei der Frage nach dem Covid-19-Impfstatus überwiegen die Interessen der Arbeitgeberin.

Keine (direkte) „Impfpflicht“

Von allfälligen (behördlichen) Ausnahmen für bestimmte Berufsgruppen abgesehen, kann festgehalten werden, dass im Arbeitsverhältnis keine (direkte) „Impflicht“ besteht. Arbeitnehmer müssen sich faktisch nicht impfen lassen oder dazu verpflichten. Diese Rechtsansicht ist auch weitgehend unstrittig.

Spannender ist die Frage, ob eine sogenannte „indirekte“ Impfpflicht besteht. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu klären, welche arbeitsrechtlichen Maßnahmen eine Arbeitgeberin setzen darf, falls ein Arbeitnehmer eine verfügbare und für ihn zumutbare Impfung verweigert.

Eine aufgrund einer solchen Weigerung erfolgte Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist nicht sittenwidrig.

Soweit auf das gekündigte Arbeitsverhältnis der allgemeine Kündigungsschutz anwendbar ist, ist eine allfällige Motivwidrigkeit oder Sozialwidrigkeit zu prüfen. Eine motivwidrige Kündigung wird aufgrund der „bloßen“ Weigerung sich impfen zu lassen in der Regel nicht vorliegen.

Interesse des Betriebes überwiegt

Bei einer behaupteten Sozialwidrigkeit wird im arbeitsgerichtlichen Verfahren zu prüfen sein, ob subjektiv betriebsbedingte Gründe (etwa weil durch die Weigerung das Risiko eines Produktionsausfalls besteht; andere Arbeitnehmerinnen, die Covid-19-Risikopatientinnen sind gefährdet werden könnten, etc) vorliegen. ME ist eine fehlende Impfung ein sachlicher Rechtfertigungsgrund für eine Kündigung. Darüber hinaus wird das Interesse des Betriebes – von wenigen Ausnahmen abgesehen – die Interessen des Arbeitnehmer überwiegen.

Die Interessen des Arbeitnehmers können zB überwiegen, wenn die „Impfweigerung“ sachlich gerechtfertigt ist, weil aus medizinischer Sicht von einer Impfung für bestimmte Personengruppen abgeraten wird. Darüber hinaus wird – auch im Rahmen der sozialen Gestaltungspflicht – zu prüfen sein, ob die Arbeitgeberin nicht auch eine Versetzung vornehmen darf und/oder sollte, bevor eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt.

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